Dunkle Gestalten

Ab Juli werde ich für 10 Wochen am Department für Physik und Astronomie an der University of Hawaii at Manoa nach dunkler Materie suchen. Aber was meinen Physiker eigentlich damit, wenn sie von dunkler Materie sprechen und warum glauben wir, dass es sie gibt? Das versuche ich in diesem Artikel, auch für Nicht-Physiker verständlich, zu erklären.

Wenn wir mit bloßem Auge den Himmel betrachten, dann sehen wir die Sonne und den Mond, bei klarem Himmel zahlreiche Sterne und mit geübtem Auge auch die hellen Planeten unseres Sonnensystems Venus, Mars und Jupiter. Schon in der Steinzeit versuchten die Menschen die Bewegungen dieser Gestirne zu verstehen und zu beschreiben.

Sonnenuntergang hinter Bäumen und Mond in der Dämmerung

Seit dem hat sich in der Astronomie viel getan. Kopernikus behauptete der Kirche zu trotz, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Kepler stimmte seinen Überlegungen zu und formulierte drei Gesetze, die die Bewegung der Planeten auf Ellipsenbahnen um die Sonne beschreiben. Durch die Newton'sche Mechanik, insbesondere das Gravitationsgesetz, konnten die Gesetze, die Kepler durch Beobachtung der Planeten aufgestellt hat, auch theoretisch hergeleitet werden.

Durch die Entdeckung dieser beiden Gesetze wurden die Planetenbahnen unseres Sonnensystems aber nicht weniger interessant. Mit der Entwicklung immer besserer Teleskope, stellte man fest, dass die tatsächliche Bahn des Merkurs nicht so ganz zu dem passte, was man berechnet hatte. Doch zum Glück entwickelten sich auch andere Gebiete der Physik rasant weiter. Albert Einstein veröffentlichte seine Relativitätstheorie und mit relativistischen Korrekturen stimmten die neu berechneten Bahnen mit den beobachteten überein.

Versuchen wir jedoch, diese Gesetze zum Beispiel auf die Bewegung von Sternen in der Milchstraße anzuwenden, stellen wir fest, dass das nicht so ganz passt. Die Sterne rotieren in der Galaxie schneller, als durch Berechnungen, basierend auf Kepler und Newton, vorhergesagt. Und das nicht nur in der Milchstraße. Dieses Phänomen lässt sich bei nahezu allen beobachteten Galaxien und Galaxienhaufen feststellen.

Immer wenn sich Beobachtungen und Messungen nicht mit aktuell bestehenden Theorien erklären lässt, suchen Physiker nach neuen Theorien, stellen neue Berechnungen an und überprüfen, ob sich ihre Beobachtungen dadurch erklären lassen. Natürlich soll die neue Theorie dann auch noch durch weitere Experimente getestet werden.

Also welche Möglichkeiten gibt es dieses Phänomen zu erklären?

Aktuell gibt es dafür zwei populäre Theorien. Zum einen die etwas weniger bekannte Theorie von der Modifizierten Newtonschen Dynamik (MOND), bei der das Newton'sche Gesetz um eine Funktion erweitert wird, die das Bewegungsgesetz, für Beschleunigungen, die wir im Alltag erfahren, unverändert lässt, für galaktische Skalen jedoch so anpasst, dass sich die Bewegungen der Sterne und Galaxien dadurch erklären lassen.

Die zweite Theorie ist gerade die der dunklen Materie. Gäbe es in den Galaxien sehr viel mehr Masse, als wir sehen könnten, dann würden die beobachteten Geschwindigkeiten auch durch das bisherige Gravitationsgesetz erklärt werden können. Die Suche nach ausreichend schweren Ansammlungen von Planeten, Sternen, Staub oder Gas in diesen Gebieten blieb jedoch erfolglos, diese Art von Materie muss also dunkel sein. Einige weitere Effekte, wie der Gravitationslinseneffekt oder die Strukturbildung im Universum, legen ebenfalls nahe, dass es dunkle Materie geben muss. Und davon nicht zu wenig. Unser Universum besteht lediglich zu etwa 5% aus Materie, wie wir sie kennen, 27% aus dunkler Materie und der Rest aus dunkler Energie. Also definitiv nicht zu vernachlässigen. Was genau ist aber jetzt die dunkle Materie? Und wie will man sie finden, wenn sie doch so dunkel ist?
Ja, das ist gerade die spannende Frage! Denn für die Gestalt der dunklen Materie gibt es unzählige verschiedene Theorien und daher auch viele verschiedene Ideen, wie man diese mysteriösen Teilchen nachweisen könnte. Genau daran arbeitet auch die Arbeitsgruppe auf Hawaii, in der ich im Sommer arbeiten darf.
Wonach genau die suchen und was ich dort machen darf, erzähle ich ein anderes Mal.

Bis dahin wünsche ich euch viele sternenklare Nächte, in den ihr den Himmel bewundern und euch fragen könnt, was für wundersame Dinge dort in unserem Universum auf ihre Entdeckung warten 😉




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